Dieser Tage mache ich mir mal wieder Gedanken über die Selbstverständlichkeit von Normen, bzw. die Tatsache, dass diese Normen gar nicht als solche und somit auch nicht als menschengemacht und damit relativ wahrgenommen werden.

Da ich im Moment wieder mal gezwungen bin, jeden Tag verhältnismäßig sehr früh aufzustehen, leide ich.

Ich bin nun mal kein Mensch, der morgens aus dem Bett springt und vor lauter Tatendrang nicht weiß, wo beginnen. Dafür kann ich nächtelang durcharbeiten, ohne dabei Probleme zu kriegen und brauche dabei außerdem noch recht wenig Schlaf, aber eben zur richtigen Zeit. So weit, so gut. Das heißt .....eben nicht gut! Denn die Norm schreibt vor, dass in vielen Bereichen Menschen um acht Uhr morgens ihre Tätigkeit aufzunehmen haben und das trifft solche wie mich hart!

Nun bin ich ja nicht so blauäugig, nicht die Argumente zu verstehen, die zu derartigen Übereinkünften führen, als da sind sind die Notwendigkeit einer gemeinsamen Zeiteinteilung bei vielen Aspekten der Gemeinschaft oder die Tatsache, dass Tageslicht grundsätzlich eine günstige Arbeitsbedingung ist. Das wirkliche Problem ist ein anderes und drückt sich in so wunderbaren Worten aus wie z.B. "Morgenmuffel". Kein Mensch käme auf die Idee, jemanden, der oder die um halb neun Uhr abends ins Bett geht, als z.B. "Abendpenner" zu bezeichnen. DAS können wir verstehen. Ja, ich höre schon das Argument: "Na klar, wer bald aufsteht, ist abends müde!" Das mag schon stimmen, aber die, die bald aufstehen, weil sie wollen und können, sind abends zufrieden müde und gehen gern ins Bett. Wir (ich bin ja schließlich nicht allein!) sind den halben und oft auch den ganzen Tag müde und gehen nicht gern so bald ins Bett, weil wir wissen, dass wir schlecht oder gar nicht schlafen, weil es einfach nicht unsere Zeit ist!

Und dass Menschen dafür, dass sie nicht der Norm entsprechen, sich aber sehr bemühen, dieser Norm gerecht zu werden und darunter oft tatsächlich leiden, beschimpft werden, das ist mir schon ein Problem. Zumal sich das Ganze ja oft geradezu als "moralische" Diskussion entwickelt nach dem Motto, wir seien einfach faul, unwillig und was sonst noch.

Mein halbes Leben lang habe ich mich darum bemüht, am Morgen fit und frisch zu sein, jedes noch so irre Rezept habe ich ausprobiert - bis endlich sogar die Wissenschaft feststellte, dass es unterschiedliche Menschen gibt (schau!schau!) - da hatte ich allerdings diese großartige Theorie schon selber aufgestellt, was mir zumindest das Gefühl gab, nicht unbedingt völlig absonderlich zu sein.

Es gibt Verschiedenheiten und es gibt Normen - das Eine oder das Andere als Grundlage für moralische Bewertungen heranzuziehen, kann das Leben für manche ziemlich schwer machen, je nachdem, auf welcher Seite man/frau gerade steht. Und DIE kann sich ja auch recht schnell ändern, wenn grad mal wieder eine neue "absolute Wahrheit" gefunden wurde.

a.