"Wer das Denken nicht attackieren kann, der attackiert den Denkenden."

Dieser Spruch hing auf meiner Uni im Inskriptionsbüro an der Wand und hat mich offenbar damals so beeindruckt, dass ich ihn nie vergessen habe. Vielleicht kommt er mir aber im Moment auch deshalb wieder mal in den Sinn, weil sich in der letzten Zeit die Erinnerungsanlässe gerade besonders häufen.

Seit uns das positive Denken überrannt hat, ist es viel leichter geworden, persönliche Grenzen als mangelnde Motivation abzutun, ein Sichweigern, Wünsche oder Anforderungen zu erfüllen, als unsozial zu bezeichnen und eben in manchen Situationen den simplen Gebrauch des Verstandes als "negatives Denken" zu erkennen. Denn genaues Hinschauen führt halt manchmal dazu, dass man oder frau Dinge sieht, die nicht in Pläne oder Vorstellungen passen. Und wie früher die Scheiterhaufen brannten, so sind die denkenden Menschen heute recht schnell die Miesmacher.

Um es klarzustellen: ich habe nichts gegen Optimismus, auch nicht gegen zuviel davon und manchmal Zweckoptimismus und auch gerne ein bisschen so-tun-als-ob oder auch viel davon. Aber ich muss schon noch wisssen dürfen, was ich da tue. Das ist ja wohl auch der Unterschied zwischen positivem Denken und schlichter Blauäugigkeit, wobei die ja selten so schlicht ist, dass sie sich gegen ihre Entlarvung nicht sehr massiv zur Wehr zu setzen wüsste. Siehe oben.

Wie meine Großmutter schon zu mir sagte, als ich ihr als neunmalkluge Fünfjährige erklärte, dass der Mond nun wirklich kein Gesicht habe: "Das weiß ich doch! Aber ich will halt gerne eines sehen!" Eben. Nichts dagegen einzuwenden, das zu sehen, was ich sehen will, aber gut zu wissen, was ich da tue.

In diesem Sinne gehe ich mich jetzt am Vollmond freuen, zumal der Wind gerade den Nebel auflöst und es immer noch weder Frost noch Schnee gibt. Mal schauen, was wir dieses Mal sehen!

a.